Zerstreuungskreise

Wenn man es ganz genau nimmt, wird eigentlich auf dem Film nur das wirklich scharf abgebildet, was exakt in der Fokussierebene liegt. Mit anderen Worten: Wenn wir auf eine Entfernung von 5m scharfstellen, dann wird nur das scharf abgebildet, was genau 5m von der Filmebene entfernt ist. Alles andere wird mehr oder weniger unscharf!

Die Betonung liegt dabei aber auf 'mehr oder weniger'- das, was 1cm davor oder dahinter liegt, wird sicher genauso scharf sein - aber wo ist da eigentlich die Grenze? Im Kapitel über die Schärfentiefe wurde dieses Thema bereits angesprochen: Jeder Bildpunkt wird mit zunehmender Entfernung von der Fokussierebene nicht mehr als exakter Punkt, sondern als Scheibe oder Kreis mit einem wachsenden Durchmesser abgebildet. Diese Abbildungs-Scheibchen nennt man Zerstreuungskreise.

Beim Kleinbildfilm geht man davon aus, dass das menschliche Auge Bildpunkte bzw. -scheibchen dann noch als scharf wahrnimmt, wenn der Durchmesser weniger als 0.003mm beträgt. Das erweckt den Eindruck einer willkürlich festgelegten Grenze - aber diese Zahl beruht auf dem Wissen um das Auflösungsvermögen des Auges. Natürlich geht es im Endeffekt gar nicht um die Zahl 0.003mm auf dem Film, sondern um die Verhältnisse auf einem Abzug. Der Abzug könnte z.B. 24x36cm groß sein, dann wären die Zerstreuungskreise auf dem Abzug 0.03mm groß.

Legt man nun den adäquaten Betrachtungsabstand für ein Foto zu Grunde, kann man den entsprechenden Auflösungswinkel berechnen. Dieser ist für alle Abzugsgrößen gleich, da ein größerer Abzug auch einen entsprechend größeren Betrachtungsabstand erfordert. Wir halten uns schließlich zwar einen kleinen 10ct.-Print aus dem Drogeriemarkt recht dicht vor die Augen, aber bei einer Plakatwand der Städtereklame ist der Abstand doch meistens etwas größer! Das Verhältnis zwischen Bildformat und Betrachtungsabstand ist also konstant - und deshalb ist auch die zulässige Größe der Zerstreuungskreise konstant.

Abweichungen ergeben sich allerdings bei den unterschiedlichen Filmformaten: Die Aufnahmen einer Mittelformatkamera werden ja nicht aus einem anderen Abstand betrachtet als die einer Kleinbildkamera! Der Mittelformatfilm wird aber weniger vergrößert - daher kann hier der Durchmesser der Streukreise mit etwa 0.005mm angenommen werden. Weniger Spielraum bietet das Briefmarkenformat der APS-Kameras: 0.002mm!

Den Zusammenhang zwischen eingestellter Blende, Schärfentiefe und Zerstreuungskreisen machen die drei folgenden Grafiken deutlich:








In allen der drei gezeigten Fälle ist der Durchmesser des Zerstreuungskreises gleich (z.B. 0.003mm). Es wird sofort deutlich, warum bei konstanter Größe der Zerstreuungskreise und sich immer weiter schließender Blende die Schärfentiefe immer größer wird!